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Chore, der Kreistanz

Auszug aus dem Buch “ Mysterium Frau – das Tor zur neuen Menschheit“, Andrea Sophia L.

 

 

"Wer die Kraft des Reigens kennt, wohnt in Gott."

(Djamaladdin Rumi)

 

 

Der Kreistanz kann sicherlich als die älteste Form des Tanzes bezeichnet werden. In heidnischen Zeiten wurde im gesamt europäischen Raum der Ringreigen getanzt, um für Fruchtbarkeit zu beten und die Lebensfreude zu teilen. Leider verdrängte der Paartanz, wie der Walzer, die Polka und der Ländler im alpenländischen Raum die ursprünglicheren Formen des Tanzes. Einzig der Bandltanz um den Maibaum zeugt noch von alter Kunde und Tradition aus vorchristlichen Zeiten.

 

Der Kreis und seine Mitte stehen für die Quelle, den Ursprung allen Lebens mit all seinen Aspekten, die gelebt werden wollen. Indigene Völker leben den Tanz und sehen ihn als eine wichtige rituelle Handlung.

 

 

Mit Chore, dem Kreistanz löst man die Probleme des Lebens und stärkt überdies das Gefühl der Einheit und des Miteinanders. Chore war das Herzstück vieler Kulturen. Im Balkan, Griechenland und Mazedonien blieben die Tänze bis zum heutigen Tag lebendig. In ihren Tänzen spiegelt sich ihre Landschaft, ihre Tradition, ihre musischen Eigenheiten und ihre Wertvorstellungen. Die Vielfalt der ethnischen Gruppen vom Mittelmeerraum bis hin zum schwarzen Meer und Donauraum zeugt von einem harmonischen Miteinander, ohne dass die eigene Gruppenidentität eingebüßt werden musste.

 

 

In der griechischen Mythologie wird Kore als die weiße Göttin oder Jungfrau bezeichnet. Auch der medizinische Fachausdruck für das menschliche Herz cor deutet darauf hin, dass es eine bindende göttliche Kraft sein muss, die nur aus dem Herzen entspringen kann. Die weit ältere Bezeichnung für den heiligen Tanz ist das Wort Houri (persisch) oder Hora (griech.). Heute noch wird der Volkstanz in Bulgarien, Rumänien oder Israel als Hora oder Horo bezeichnet.

 

Die Tänze unterscheiden sich je nach Anlass und Zeitqualität. Die griechischen Horen tanzten zur Mutternacht, der heiligen Nacht und in den Raunächten, um die große Mutter zu besänftigen. Der Frühjahrsreigen war den unverheirateten, jungen Mädchen vorbehalten, um frische, universelle Kräfte für die Sippe einzutanzen. Der Spiralentanz sorgte für Regeneration und Erneuerung der Mutter Erde ebenso, wie zur Integration von erfahrenen Erkenntnissen. Zur Bekräftigung von Weisheit war der Schlangentanz das Mittel der Wahl. Darüber hinaus waren Hochzeitstänze und Initiationstänze für den Übergang vom jungen Mädchen zur Frau, fester Bestandteil im kollektiven Bewusstsein alter Völker.

 

 

Mit dem Kreistanz bewirken wir im Miteinander, positive Gefühle zu bekräftigen, für Fruchtbarkeit und Schutz zu beten, wie Dankbarkeit auszudrücken oder dem Göttlichen Ehre und Wohlwollen zu bezeugen. Die Freude und das Gebet stehen somit in keinem Widerspruch.

 

Der Kreistanz wirkt auf die Teilnehmer verbindend und sie erspüren sich als Teil des Ganzen. Gemeinsam zu unterschiedlichen traditionellen Liedern zu tanzen, macht nicht nur neugierig auf andere Kulturen, sondern lässt unsere eigenen Wurzeln wieder wachsen. Chore stärkt das Gefühl der Verbundenheit zu allen kosmischen Kräften der Natur.

 

Lassen wir den Reigen wieder einziehen in unser Leben, denn

„Wer die Kraft des Reigens kennt, wohnt in Gott.“

(Djamaladdin Rumi)