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Initiationswege des Mannes zu seinem Herzen

Autorin: Andrea Sophia Löffler (Auszüge aus dem Buch Mysterium Frau - das Tor zur neuen Menschheit)

 

copyright by A.S.Löffler

Mindestens 200.000 Jahre wurde nichts schriftlich verankert, sondern ERFAHREN, erlebt im Einklang mit dem Kosmos. Die Ausgrenzung der Frauen Tausende von Jahren veranlasste die Menschen dazu, einen anderen Weg der Weisheit zu gehen, nämlich den kriegerischen. Der Kampf als Lösung entspricht heute noch unserer Bewusstseinsqualität.

 

Der gelbe Kaiser über die zwei Grundkräfte - YIN, das Weibliche und YANG das Männliche

Zitat Maoshing:

 

Wenn es dem Yin nicht gelingt, das Yang zu unterwerfen, beschleunigt sich der Energiefluss in den Kanälen, wodurch das Yang-Qi überreichlich und rastlos wird.

 

Vor dieser Zeit war es Brauch den Mann einer Liebeskundigen zu überlassen, um ihm in sein Herz-Bewusstsein zu hieven. Diesen heiligen Liebesritus wollen wir uns für den Schluss dieses Artikels aufheben.

 

 

 

Der kriegerische Weg

Viele der uns bekannten Weisheitslehren sind männlich orientiert. So auch die asiatischen, die den spirituellen Weg mit Krieg vergleichen. Diesen Krieg möchte der Adept gewinnen. Es gilt den Feind zu besiegen. Dies ist auch erforderlich, wenn ein Mann aus seinem Herzen schöpfen möchte, ohne die Hilfe einer eingeweihten Frau in Anspruch nehmen zu wollen. Eine andere Wahl bleibt ihm nicht!

 

Denn im Manne herrscht Krieg zwischen den animalischen Trieben und seinem Spirit. Möchte er Erleuchtung erlangen, so muss er seine animalischen Bedürfnisse unterdrücken, also unterjochen. Das Wort Yoga stammt aus dem Sanskrit und bedeutet Joch. Die schier unkontrollierbaren Sexualtriebe müssen mit einem Kraftakt eisernen Willens gebrochen werden.

 

In den ältesten Aufzeichnungen, den ältesten Quellen in geschriebener Form, der Bhagavad Gita, offenbart sich Krishna dem Fürsten Arjuna vor Beginn eines großen Krieges auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra. Ebenso der gelbe Kaiser war ursprünglich ein Kriegsgott, der von den Tao-Meistern zum Hochgott erkoren wurde. Zuvor galt die Große Göttin, das höchste Yin, als die Schöpfungsmutter “von allem was ist“.

 

Die meisten esoterischen Weisheiten vermitteln uns demnach einen männlich orientierten Einweihungsweg zum Herzen. Die Erlangung von Mitgefühl ist hier gemeint und der Sitz des Mitgefühls befindet sich im Herzen, dem spirituellen Zentrum des Menschen.

 

Wie wir aus den östlichen Weisheitslehren entnehmen können, braucht es Techniken, die vor allem die Kraft des Yangs - die männliche Energie - im Manne zügeln sollen. So übernimmt der Mann selbst die eigentliche Aufgabe des Yin, nämlich sein eigenes Yang zu zügeln.

 

Zwei gängige Varianten der männlichen Initiation

 

Die Askese

 

Möchte der Mann seinen spirituellen Pfad alleine erklimmen, ist oft Askese das Mittel der Wahl, seine animalisch-triebhaften Chakren zu transformieren. Darüber hinaus bedarf es an vielerlei Techniken, asketischen und mühevollem Wirkens, Zugang zu seinen innewohnenden weiblichen Anteilen zu gewinnen. Sie ermöglichen dem Wahrheitssuchenden, sein Herz zu öffnen und Verbindung zur Göttin, dem höchsten Yin herzustellen. Jene Lehren sind also für den Aufstieg männlichen Geschlechts ausgerichtet und durchaus geeignet für dessen Veranlagung.

 

Der Meister fordert vom Adepten einen eisernen Willen, Askese und Selbstlosigkeit. Wir brauchen nicht zweimal zu raten, welches Geschlecht im westlichen Teil der Welt sich magnetisch von asiatischen Weisheitslehren angezogen fühlten/fühlen. Es sind erfahrungsgemäß die Frauen, die in den letzten zwanzig Jahren in konsequentester Hingabe ein Sortiment an leidvollen asketischen Lehren nur so in sich aufgesogen haben. Frauen, die sich ohnehin schon Jahrtausende in Demut und Unterdrückung beheimatet fühlen! Ich möchte mich hier keineswegs ausschließen. Erst als ich mich dem Meister die Füße küssen sah, wurde ich munter. Da waren bereits Jahre der Entsagung, zwar nicht sexueller Natur, aber „lebens-lust-iger“ Art vergangen.

 

Ein Initiationsritus

 

Die zweite, sehr gängige Form der männlichen Einweihung findet man heute noch vereinzelt in indigenen Stammesvölkern.

 

Der Adept wird mit einem eigens für ihn konstruierten Initiationsritus konfrontiert. Dabei muss er sich meist schmerzhaften Prüfungen unterziehen und seinen Mut unter Beweis stellen.

 

Er wird an seine Grenzen geführt und ganz bewusst einer drastischen Erfahrung mit dem Todesaspekt ausgesetzt. Dies hat zur Folge, dass der junge Mann eine tiefe Demut gegenüber dem Leben entwickelt und ehrfurchtsvoll seine Existenz auf die kosmische Lebensordnung ausrichtet. Das Band zur leiblichen Mutter wird durchtrennt, er beginnt seine Eigenverantwortlichkeit zu übernehmen, seinen Mann zu stehen und sich seiner eigentlichen Aufgaben gewahr zu werden. Diese Erfahrung macht den Initianden zu einem gleichwertigen Mitglied seiner Sippe.

 

Selbstkasteiung sowie Todeserfahrungen lassen das Ego schmelzen und starre Masken (Persona) ablegen. Die Bereitschaft, tiefste Ängste und Zweifel einer höheren Macht zu übergeben und mit der Mutter zu verschmelzen, lässt das Selbst im Manne hervortreten.

 

Die männliche Kraft muss also gezügelt werden, sei es durch Unterjochung seiner Triebe oder durch die Konfrontation mit dem Tod. Dann ist der junge Mann reif und offen für die Liebe, reif und offen für die versöhnende Kraft.

 

Das Ziel eines männlichen Einweihungsweges ist es also, die animalischen Anteile zu besiegen oder die Alltagsrealität durch Grenzerfahrungen zu brechen. Die nötigen Schritte einer Transformation müssen beim Mann künstlich eingeleitet werden. Dafür braucht es einen Impuls; entweder wird jener von außen eingeleitet durch einen Konflikt, der bewältigt werden muss oder der Adept wählt den yogischen Weg und widersteht seinem sexuellen Drang.

 

In beiden Fällen befindet er sich in Kampfessituationen, denen er sich zu stellen hat. Sein Einsatz, sein Mut, sein eiserner Wille lässt ihn alle Hürden überwinden.  Ab hier, von alten Bindungen losgelöst, ist der Mann reif, seine Herzqualitäten zu leben.

Die dritte Variante der Einweihung: die FRAU


Die dritte und älteste Form der Einweihung des Mannes in sein Herz-Bewusstsein geschieht durch eine Liebeskundige.

 

In alten Zeiten war es Pflicht, die Söhne einer Liebespriesterin zu übergeben, um sie in die Liebe einzuweihen. Nur kundige Frauen sind in der Lage, ganz bewusst die Meisterschaft der Sexualität einzuleiten.

 

Die weibliche Sexualität ist der Schlüssel zu einer hochspirituellen Ausrichtung, die den Menschen in sein spirituelles Zentrum (Herz) führt.

 

 

 

Schon Hesoid in der alten Antike machte deutlich, dass die sinnliche Magie der heiligen Huren das Benehmen der Männer mildere.

 

Hierfür wurden noch früher im ganzen eurasischen Raum Liebestempel eingerichtet.

 

 

Wie zum Beispiel der Ishtar-Tempel (babylonischer Tempel), der Aphrodite-Tempel zu Knidos, der Isis-Tempel in Telos und Dentera, der Harem im Orient (Frauentempel). Dies waren einst heilige Stätten und lassen heute noch erahnen, wie leidenschaftlich und mit welcher spiritueller Hingabe die regenerierenden, fruchtbarkeits-anregenden Kultzeremonien abgehalten wurden.

 

Die Tempelhuren wurden als Heilerinnern und Seherinnen verehrt. Barbara Walker schreibt im Buch Das geheime Wissen der Frauen: „Als Mutter der Huren wurde Ishtar die Große Göttin HAR genannt. Ihre Hohepriesterin, die Harin, war geistige Führerin der Stadt Ishtar. HAR war verwandt mit der persischen houri und der griechischen hora und ist auch der Stamm von Harem was ursprünglich einen Frauentempel oder ein Heiligtum bezeichnete.“ (Walker 894)

 

Durch die Vereinigung mit der Liebespriesterin war es dem Mann vergönnt, die geistige Erleuchtung zu erlangen. Erleuchtung, Einsicht oder Vision wurde horasis genannt.

Im Kriya-Tantra, einer lang geheim überlieferten Yoga-Technik sagt man, dass bereits nach einem Liebesakt mit einer weisen Liebeskundigen, Erleuchtung beim Manne stattfinden könne. (Avinasha)

 

Die Liebespriesterin ist Kanal, Höhle und in direkter Verbindung mit der Quelle allen Seins. Die Einweihung des Mannes in die göttlichen Sphären des Seins ist demnach ihre Aufgabe.

 

Liebespriesterinnen waren große Liebeskundige und wahre Beherrscherinnen ihrer Schlangennatur (Sexualnatur).

 

 

Die sexuelle Liebe ist eine Kunst, die gelernt werden will.

 

Noch fehlt es an Offenheit und dem nötigen Verantwortungsbewusstsein, das Zepter der sexuellen Liebe wieder den spirituellen Liebespriesterinnen zu übergeben. Nicht nur, um die männliche Triebkraft zu entschleunigen und sie in gesunde Grenzen zu weisen, sondern auch, um dem Mann seine Ängste und Unsicherheiten zu nehmen.

 

Um dem Manne das weiblich-göttliche Mysterium zu offenbaren muss sich die Frau selbst einem Einweihungsprocedere unterziehen und sich ihrer Schlangennatur besinnen.

 

... und wie Frauen ihre Schlangennatur nutzen können, soll Gegenstand des nächsten Artikels werden.

 

In Verbundenheit,

 

Andrea Sophia